Donnerstag, 27. November 2014

Social Media Zwickmühle

Ohne das world wide web geht doch heute gar nichts mehr. Und davon bin ich, erschreckender Weise, selber überzeugt. Und das meine ich positiv, was ebenso erschreckend ist. Als zukünftige Lehrer und Lehrerinnen sind wir im Reflektieren geübt und angehalten, SuS selbst zum Reflektieren ihrer Handlungen zu befähigen.

Daher frage ich mich: Stehen wir nicht selbst in einer Zwickmühle, wenn wir didaktisch frühstmöglich mit der Thematik der "social media" im Unterricht beginnen wollen? 

Soziale Medien machen das Leben bequem. Die einfache Vernetzung, über facebook & Co, hilft ungemein im Alltag. Es geht schnell und leicht und jeder hat etwas davon. Erst vor zwei Tagen fiel eine VL kurzfristig aus und ich beobachtete, wie schnell mit dem Smartphone ein Foto von dem Schriftzug an der Tafel gemacht wurde. Danach ein paar kurze Tippbewegungen und schon im www - für alle!

So oder ähnlich, kennt die Situation jeder. Das gehört schon zu unserem Alltag und keiner hinterfragt hier, inwieweit soziale Vernetzungen unseren Alltag beeinflussen. Natürlich weil es so bequem und einfach ist. Niemand würde sich über so einen Eintrag bei facebook beschweren, eher noch positiv kommentieren. Denn unter uns gesagt, hätte ich das akademische Viertel beansprucht und bei facebook die neuesten Beiträge gelesen, hätte ich mir den Weg gespart, also quasi meine Zeit besser nutzen können. Und genau in dieser "Wohlfühlzone" steckt der Haken fest verankert!

Wir googlen, chatten und posten und verändern damit unser soziales Verhalten. Größtenteils unbewusst?! Abgesehen von facebook, organisieren wir unser Studium über OPAL, dropbox & Co., weil einfach alle schnell erreicht werden. Hast du eine Frage, dann google mal schnell und weil dein Freund oder die Freundin grad keine Zeit hat, schreibst du schnell mal die neusten Infos und so weiter. Doch wo führt das hin oder fängt das an? Besser gesagt, können wir den ersten social-media-Kontakt verzögern? 
Ein kleiner Exkurs in die Psychologie zeigt, dass der Mensch für die Entwicklung seiner Identität Bindung und Dialog braucht. Also den wechselseitigen Austausch, den Input und die Resonanz, um sich entwickeln zu können. Ein Überleben, egal wie viel Nahrung er bekommt, ist ohne einen Dialog nicht möglich. Der Dialog hat dabei Rhythmizität, das heißt, Bindungserfahrungen wandern vom Dialogpartner nach Innen und es entwickeln sich Bindungsmuster. Das alles passiert im kulturellen Kontext und der Mensch erwirbt die Fähigkeiten "Mensch" zu sein. Wolfgang Jantzen sagte dazu: 
"Nichts ist schädlicher für die Entwicklung des Selbst, von reichhaltigen sozialen Beziehungen ausgegrenzt zu werden." 
Aber müssten an dieser Stelle nicht unsere Alarmglocken läuten? Rücken social media nicht viel zu schnell und zu sehr in unseren Alltag vor, an Stelle von face-to-face Interaktionen? Aber wer von euch würde ab sofort nicht nur sein social-media-Verhalten (ernsthaft) reflektieren, sondern auch strikt etwas an seinem Verhalten ändern?

Was meint ihr, als angehende Lehrerinnen und Lehrer, stecken wir in einer Zwickmühle? 

2 Kommentare:

  1. Hallo dolaris,

    ich fühle mich in keiner Zwickmühle. Wie du schon sagst ist unser Leben in vielerlei Hinsicht einfacher geworden. Wir werden bequem, unsere Schüler werden bequem und das ist auch ok. Wie schnell social media in unser Leben rücken hängt, wie ich finde, von uns selbst ab. Ich bin durchaus in der Lage ohne Facebook und Co meine sozialen Kontakte zu pflegen und unsere Schüler sind das auch. Wenn du im Unterricht das Facettenreichtum des www nutzen willst, dann finde ich dies absolut gerechtfertigt und angebracht. Die Frage ist nur, ob wir unsere Schüler in dieser Welt stehen lassen oder sie über Gespräche und Diskussionen darüber, was sie im www erleben, wieder daran erinnern, wo sich das reale Leben abspielt. Unsere Aufgabe als Lehrer ist es doch, dem Schüler dabei zu helfen sich im Leben zurechtzufinden, sich zu orientieren. Bestandteil dieses Lebens sind social media schon längst, es hängt von jedem einzelnen ab, wie viel Platz wir dem einräumen, was wir daraus machen und wie wir damit umgehen.

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  2. Natürlich hängt der Umgang von uns selbst ab, wir sind aber als zukünftige Lehrer auch diejenigen, die stetig bestrebt sind zu reflektieren.
    Computer, Internet & Co. sind aber immer schneller, auch für jüngere Generationen zugänglich - weil es überall präsent ist. Können wir dann überhaupt gewährleisten, unsere nächsten Schülergenerationen, mithilfe von Gesprächen und Diskussionen, an das reale Leben zu erinnern, wenn Internet & Co. schon dazu gehören?
    Erfahrungen müssen im Alltag erlebt und diskutiert werden. Internet & Co. kennen lernen ist simpel, aber andere Erfahrungen können nur in bestimmten Lebensphasen gemacht werden. Beispielhaft betrachtet: Sprachen erlernen per virtuellem Sprachkurs oder Fähigkeiten durch Simulationsprogramme haben keinen einzigen Bezug zum realen Leben, werden aber durch die digitale Welt bevorzugt genutzt.
    Kinder brauchen Zeit und Raum in der realen Welt, um diese ergründen und ihre Fantasie ausleben zu können. Und auch die (junge) Erwachsene Generation sucht, durch die schnelle Zeit, Ruhephasen, um mal unerreichbar und offline zu sein.
    Virtuell kann meiner Meinung nach die Entwicklung der Identität nur im realen Leben durch Dialog und Bindung geschehen. Daher denke ich, sollten wir uns bewusst machen, welche Nebenwirkungen die bequeme digitale Welt mit sich bringt.
    Können wir als Lehrer SuS dabei helfen sich im Leben zurechtfinden, wenn die social media diese Aufgabe nicht schon längst übernommen haben?

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